Remote Onboarding – (nicht nur) in Zeiten von Corona sinnvoll
20.05.2020 | Veit Lemke
In unserer zunehmend volatilen Arbeitswelt wird ein strukturiertes Onboarding immer wichtiger. Fragen wie „Komme ich mit den neuen Kollegen zurecht?“ oder „Habe ich mich für das richtige Unternehmen entschieden?“ sind allgegenwärtig und sollten direkt mit einem lauten JA beantwortet werden. Dennoch werden die soziale Integration und der enorm wichtige erste Eindruck vom potenziellen neuen Arbeitgeber von Personalern und Führungskräften häufig unterschätzt. Dabei hängt gerade von der ersten Kontaktaufnahme, dem reibungslosen administrativen Ablauf sowie der Unternehmens- und Willkommenskultur ab, ob aus einem Kandidaten ein neuer Mitarbeiter wird und wie rasch dieser ins produktive Arbeiten kommt.
Besonders erschwert wird ein gutes Onboarding durch die aktuelle Krise: Halb Deutschland ist vor dem Corona-Virus ins Homeoffice geflüchtet, doch auch in dieser turbulenten Zeit starten regelmäßig neue Kollegen in den Job. Damit stehen viele Unternehmen zurzeit vor der großen Herausforderung, den ohnehin mangelhaften Onboarding-Prozess nun auch noch ohne persönlichen Kontakt fortzuführen.
Doch wie kann ein gutes „An-Bord-holen“ gelingen, wenn alle Kollegen im Homeoffice sitzen und die Einarbeitung neuer Mitarbeiter derzeit nicht die oberste Priorität hat?
Sicherheit steht an erster Stelle
Sowohl im allgemeinen Onboarding-Knigge aber erst recht in Krisenzeiten gilt: Neue Mitarbeiter wollen sich sicher fühlen. Um Unsicherheiten erst gar nicht aufkommen zu lassen, sollte vorgebeugt werden. Egal ob der „Onboardee“ schon aktiv arbeitet oder ob er seinen ersten Arbeitstag noch vor sich hat – bestehende Ängste müssen wahrgenommen und schnellstmöglich abgebaut werden. Transparenz und eine kontinuierliche, ehrliche und offene Kommunikation sind hierbei besonders wichtig. Dies ist jedoch bei einem informellen Plausch an der Kaffeemaschine sehr viel einfacher möglich, als wenn dazu extra ein Video-Call anberaumt werden muss.
Aber auch in Zeiten von Remote Work und Social Distancing gibt es einige Punkte, die helfen, neue Mitarbeiter*innen auch aus der Ferne gut ins Boot zu holen:
1. Richtige Infrastruktur schaffen
Ohne die richtige technische Ausrüstung gestaltet sich das Homeoffice schwierig. Es sollte sichergestellt sein, dass jedem neuen Mitarbeiter ein Laptop mit VPN-Zugang zur Verfügung gestellt wird – zur Not auf postalischem Wege im Zuge eines Welcome Packages. Ebenso muss, meist in Kooperation mit der IT-Abteilung, darauf geachtet werden, dass alle wichtigen Standard- und mitarbeiterspezifischen Programme wie z. B. Mail-Client, Aufgabenplaner sowie Kommunikations-Tools personalisiert installiert sind.
2. Remote-Kommunikation durch Team-Chat
Ein regelmäßiger Austausch mit dem neuen Mitarbeiter in Form von Online-Meetings und Chats hilft dem Onboardee, ein Gefühl für das neue Team zu bekommen und sich selbst vorzustellen. Es ist sicherlich ratsam, den Newbies einen Mentor als Fixpunkt zur Seite zu stellen, der bei allen Fragen und Problemen angesprochen werden kann. Wichtig: Neben dem Fokus auf die Arbeit sollten auch das Zwischenmenschliche und der Humor nicht zu kurz kommen. Tipp: Beiträge ruhig mit Emoticons aufhübschen – hier aber bitte nicht übertreiben und authentisch bleiben. Die Einrichtung eines »Onboardee-Networking-Circle« bietet ebenfalls eine gute Möglichkeit zur weiteren Vernetzung. Solche Netzwerke unter Neuankömmlingen halten sich oft noch Jahre nach der Einarbeitungsphase und bieten die Möglichkeit zu abteilungsübergreifendem Austausch.
3. Feedback & Mitarbeitergespräche
Besonders in der aktuellen Situation gilt: Immer im Gespräch bleiben! Am besten vermittelt man remote Feedback via Videochat, allein schon, um die Mimik des Gegenübers besser wahrnehmen zu können. Im Mitarbeitergespräch werden beispielsweise Aufgaben und Ziele besprochen und bisherige Arbeitsergebnisse ausgetauscht. Konstruktives Feedback ist hier besonders wichtig und fördert die Motivation des Onboardees. Natürlich sollte das Ganze keine Einbahnstraße sein: Feedback des neuen Mitarbeiters ist für Unternehmen ein unschätzbares Gut, denn dieser bringt einen neuen und frischen Blick auf eingefahrene Arbeitsweisen mit und liefert vielleicht die ein oder andere Möglichkeit zur Prozessoptimierung.
Ausblick: Post-Corona
Viele Unternehmen schenken einer durchdachten Einarbeitung bei internen Stellenwechseln, dem Wiedereinstieg nach der Elternzeit oder auch der Widereingliederung in den Post-Corona-Alltag zu wenig Beachtung. Dabei kann das sogenannte Reboarding kaum überschätzt werden. Häufig setzen Personaler voraus, dass der Mitarbeiter die neuen Kollegen und Prozesse ja bereits kennt und ein strukturierter Onboarding-Prozess damit schlicht übertrieben oder überflüssig ist. Dies ist ein Fehler, denn bei einem missglückten Einarbeitungs- und Integrationsprozess sind die Kosten bei einer (Wieder-)Einstellung nicht geringer als bei einer Einstellung von Extern. Und der mögliche Imageschaden ist sogar noch größer, da der Mitarbeiter bereits sehr gut im Unternehmen vernetzt ist und seine Enttäuschung ins Unternehmen trägt.
Digital Onboarding
Damit jeder Beteiligte beim Onboarding eines neuen Mitarbeiters weiß, wer was wann zu tun hat, ist es hilfreich, wenn eine Software die verschiedenen Prozesse digital anstößt und überwacht. Dies ist in vielen Unternehmen noch längst kein Standard, denn trotz fortschreitender Digitalisierung setzen bislang lediglich 12 Prozent der Unternehmen auf Software-Unterstützung im Onboarding-Prozess.* Dabei liegen die Vorteile einer digitalen Lösung auf der Hand: Verschiedene Personen können die einzelnen Aufgabenpakete Schritt für Schritt abarbeiten und kontrollieren. Neben dieser Workflow-Unterstützung können relevante Informationen, Aufgaben oder News optimal zeitpunktgesteuert ausgespielt werden und können so ein Garant für gelungenes Onboarding werden.
Quelle: *Ergebnis der Haufe Onboarding Studie 2019