Der Hessische Rundfunk (hr) stellt sein Corporate Influencer Programm vor

23.08.2023 | Klaus Eck

Der Hessische Rundfunk stellt seine Corporate Influencer Programm vor
Quelle: Zukunft Personal, Klaus Eck

Im Interview mit der Kommunikationsberaterin Nina I. Mülhens erläutern Jan Cremer, Carolin Schmidt und Tom Klein, warum es beim Hessischen Rundfunk viele Unternehmensbotschafter:innen gibt und was die Herausforderungen sind. Unsere Interview-Gäste sind für das Corporate Influencer Programm verantwortlich. Auf der ZP Europe wird Nina Mülhens mit ihnen über ihr Vorgehen diskutieren und das Interview fortsetzen.

Nina Mühlens: Was war der Anlass, intensiver über das Thema Botschafter:innen nachzudenken und dann auch zu starten?

Jan Cremer: Unternehmen als Absender in der Kommunikation haben einfach Grenzen. Das hat sich bei der strategischen Überarbeitung unserer Social-Media-Präsenzen nochmal deutlich gezeigt. Menschen interagieren am liebsten mit anderen Menschen und nicht mit Institutionen. 
Wenn unsere Kolleg:innen persönliche Einblicke in ihre Arbeit geben und dazu ins Gespräch kommen, dann kommt das bei den Menschen an und ergibt mosaikartig ein authentisches Bild des hr. Genau das wollen wir.

Nina Mülhens: Worin liegt für Euch die Chancen eines solchen Programms?

Carolin Schmidt: Botschafter:innen können andere Menschen viel nachhaltiger und zielgerichteter erreichen, als es über offizielle Kommunikationskanäle möglich ist. Das liegt daran, dass sie authentisch und damit glaubwürdig in ihren jeweiligen Netzwerken oder Communities agieren können.

Ein Botschafter:innen-Programm unterstützt auch die Vernetzung innerhalb der Organisation. Je aktiver die Botschafter:innen extern sind, desto mehr Kolleg:innen erfahren von ihren aktuellen Themen. Wenn ich weiß, welche tollen Menschen an anderen Stellen im Unternehmen an interessanten Projekten arbeiten, kann ich sie beispielsweise durch Empfehlungen oder Kommentare unterstützen. Im besten Fall entsteht so eine eigene Community aus Botschafter:innen.

Bei uns im hr haben wir eine große Chance für ein Botschafter:innen-Programm gesehen. Hier liegt ein Riesenpotential in all den Menschen, die journalistisch arbeiten. Durch ihre Tätigkeit wissen viele bereits, wie sie Themen interessant vermitteln können und kommunizieren auch gerne mit anderen Menschen. Dieses Potenzial, und damit unsere Chance, haben wir genutzt.

Nina Mülhens: Was sind die 4 größten Learnings für Euch?

Jan Cremer:

  1. Unternehmensbotschafter:innen müssen schon eine intrinsische Motivation haben und sie können in dieser Tätigkeit unterstützt werden. Sie können nicht von anderen zu nachhaltigen Unternehmensbotschafter:innen “gemacht werden”. 
  2. Authentizität ist das oberste Gebot für Unternehmensbotschafter:innen – inhaltliche Vorgaben gehen gar nicht. Ermöglichen und unterstützen – das ist unsere Aufgabe in der Kommunikation.
  3. Die Unterstützung ist immer individuell. Zusammen mit Unternehmensbotschafter:innen müssen jeweilige Unterstützungsmaßnahmen entwickelt werden. Daraus wiederum können Lösungen für andere entstehen, aber es gibt keine allgemeinen Gesamtlösungen, die unabhängig entwickelt werden können. 
  4. Es gibt keinen Masterplan – jedes Unternehmensbotschafter:innen-Netzwerk entwickelt sich individuell.

Nina Mülhens: Warum tun sich Eurer Meinung nach Medienschaffende mit diesem Thema so schwer?

Tom Klein: Das Gut der Neutralität und Professionalität ist im journalistischen Bereich sehr wichtig. Für viele Kolleg:innen ist das nur schwer vereinbar mit Botschafter-Aktivitäten. Tatsächlich ist das aber gar kein Widerspruch. Im Gegenteil: Botschafter-Aktivitäten können diese Eigenschaften und Werte sehr gut zeigen bzw. belegen.
Ein zweiter Punkt: Medienschaffende identifizieren sich mehr mit dem Beruf an sich als mit dem Arbeitgeber.  Da ist mitunter die Motivation nicht so groß, als Unternehmensbotschafter:in aktiv zu sein.

Ein Dritter: Die Botschafter-Kommunikation macht noch einen zusätzlichen „Ausspielweg“ auf (über den aber nicht nur gesendet wird). Das ist oft von der Art der Kommunikation her sehr verwandt mit den Produkten, die Medienschaffende „in ihrem Job“ herstellen. Journalist:innen erstellen ja bereits Content. Und dann fragen sie sich: Das sollen wir jetzt auch noch als Botschafter:innen machen? Das ist mit Aufwänden verbunden, und dann fehlt die Motivation, es noch in der eigenen Freizeit zu machen. Ich glaube, dass es sich trotzdem lohnt, weil über die Auseinandersetzung mit den eigenen Themen oft nochmals eine andere Klarheit einhergehen kann und eine zusätzliche Reflektionsebene eingezogen wird. Für Mitarbeiter:innen anderer Branchen ist das vielleicht eine viel spannendere Abwechslung zu ihrem „normalen“ Arbeitsalltag.

Nina Mülhens: Lasst uns auch einen Blick in die Zukunft werfen. Wo wollt Ihr stehen in zwei Jahren? Gibt’s schon konkrete Meilensteine?

Carolin Schmidt: Wir haben gemeinsam mit den Botschafter:innen eine sehr gute Präsenz auf Social Media und gerade auf LinkedIn geschaffen. Die Möglichkeiten von Botschafter:innen-Kommunikation gehen aber weit darüber hinaus. Sie posten nicht nur Content, sondern sind auch auf Bühnen oder in Panels vertreten, geben Interviews oder nehmen an Netzwerkveranstaltungen teil. Wir sind dabei, diese Ebenen zu erschließen und wollen bald zu den führenden Unternehmen der (Medien-)Branche im Hinblick auf ganzheitliche Botschafter:innen-Kommunikation gehören. 

Neben diesem ambitionierten Ziel möchten wir auch unsere Botschafter:innen-Community weiterwachsen lassen. Im hr gibt es ganz unterschiedliche Arbeitsmodelle und tatsächlich ist es gar nicht so einfach, immer alle mit einem Angebot zu erreichen. In zwei Jahren sollen alle Kolleg:innen wissen, was das hr-Botschafter*innen-Programm ist. Im besten Fall sind sie auch ein Teil davon, aber das entscheiden sie natürlich selbst und auf freiwilliger Basis. 

Nina Mülhens: Welche Innen- und Außenwirkung erlebt Ihr durch das Botschafterprogramm?

Jan Cremer: Corporate Influencer bekommen auch intern eine Sichtbarkeit – die führt zu Anerkennung der Kolleg:innen und stärkt den Teamgeist insgesamt.

Extern nimmt das Interesse an einzelnen Personen und Projekten im hr deutlich zu. Außerdem findet mehr Vernetzung von hr-Mitarbeiter:innen mit anderen Personen ihres „Fachgebiets“ statt. Insgesamt bekommen wir mehr Sichtbarkeit für so viele spannende und unterschiedliche Themen des hr. Würden wir nicht selbst als Unternehmensbotschafter:innen über das hr-Botschafter:innen-Netzwerk sprechen, wären wir nicht als Gäste auf der ZP Europe. ;)

Nina Mülhens: Warum sollten andere Medienschaffende aus Eurer Sicht auch darüber nachdenken?

Carolin Schmidt: Weil gerade im Medienbereich Empfehlungsmechaniken und Vertrauen in die Quelle von Informationen eine große Rolle spielen. Ich glaube den Informationen von Menschen, denen ich vertraue und ich konsumiere Medien, die mir von für mich vertrauensvollen Menschen empfohlen werden. Beides lässt sich über Botschafter*innen-Kommunikation erreichen.

Nina Mülhens: Seit wann bist Du beim Botschafterprogramm dabei, Tom? Warum hast Du beim Botschafterprogramm mitgemacht? Und was sind Deine drei größten Learnings?

Tom Klein: Ich habe mitgemacht, weil das Thema Change-Kommunikation eines meiner Hauptthemen war, nachdem ich die neu geschaffene Stelle des Koordinators Community Management im hr angetreten hatte. Mir war klar, dass ich den Themenbereich Community Management erstmal vorstellen und das Thema und seine Relevanz in die Köpfe anderer bekommen muss; insbesondere natürlich in die meiner Kolleg:innen im hr. 
Mir war außerdem wichtig, nach außen zu zeigen, dass sich der hr im Bereich Community Management aufgemacht hat, das Thema strategisch zu entwickeln. Hier ging es mir darum, den hr als relevanten Player in diesem Themenfeld nach außen zu positionieren. Und mir war die Vernetzung mit anderen Menschen zu diesem Thema wichtig.  

Meine drei größten Learnings:

  1. Ich bin vor allem deshalb als Botschafter erfolgreich, weil ich mit einem exzellenten Corporate-Botschafter-Team im hr zusammenarbeite, dass meine Themen und meine programmatische Ausrichtung als Sparringspartner begleitet und mich in sehr effektiver Art und Weise unterstützt.
     
  2. LinkedIn taugt nicht nur sehr gut für die externe, sondern auch für die interne Kommunikation.
     
  3. Für meine Kommunikation im Rahmen des Botschafterprogramms genügt die digitale Kommunikation bei LinkedIn alleine nicht. Es braucht auch immer wieder ergänzend (analoge) Events (eigene und von anderen Veranstaltern), um mein Thema effektiv voranzutreiben. Dabei hilft mir LinkedIn, Sichtbarkeit zu generieren und Themen zu setzen, die dann wieder Einladungen zu Events und Panels nach sich ziehen.

Tom Klein

Koordinator Community Management im Hessischen Rundfunk (hr/ARD)

MEHR

Jan Crember

Mitentwickler des Botschafter*innen Programms des Hessischen Rundfunks

MEHR

Carolin Schmidt

Mitentwicklerin des Botschafter*innen Programms des Hessischen Rundfunks

MEHR

Nina Mülhens

Kommunikationsstrategin, Narrative Organisationsentwicklerin und Unternehmerin

MEHR

Über den Autor

Klaus Eckist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Der Gründer einiger Agenturen ist Social-Media-Pionier, Keynote Speaker und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Als Berater begleitet er seit mehr als 25 Jahren Marken bei der Digitalisierung ihrer Unternehmens-, Marketing- und Kommunikationsprozesse. Er hat fünf Fachbücher und zahlreiche Publikationen in Zeitschriften über Content Marketing, Corporate Influencer und Reputation Management veröffentlicht