EU-Entgelttransparenzgesetz: Was Arbeitgeber wissen müssen

Felicitas von Rauch  | 05.09.2024 | 5 Minuten Lesezeit

Eine Frau sitzt an ihrem Arbeitsplatz am PC und schaut auf dem Bildschirm
Quelle: Stepstone

Das Wichtigste in Kürze

·    Das Entgelttransparenzgesetz ist seit Juli 2017 in Deutschland in Kraft. Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie wurde 2023 eingeführt, und muss bis Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt werden.  
 
·    Gehaltsangaben im Bewerbungsprozess: Unternehmen müssen künftig Einstiegsgehälter oder Gehaltsspannen in Stellenanzeigen oder auf andere Weise im Voraus angeben, um Transparenz und Chancengleichheit zu fördern. 
 
·    Verbot der Gehaltsabfrage: Arbeitgeber dürfen Bewerbende nicht mehr nach ihrem vorherigen Gehalt fragen, um Diskriminierung zu vermeiden. 
 
·    Erweiterter Auskunftsanspruch: Mitarbeitende haben das Recht, Informationen über ihre individuelle Entgelthöhe und die durchschnittlichen Entgelthöhen nach Geschlecht zu erhalten. 
 
·    Berichtspflicht: Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten müssen regelmäßig Informationen zum geschlechtsspezifischen Lohngefälle veröffentlichen. 
  

Gehaltstransparenz im Bewerbungsprozess & in der Einstellung

Das Entgelttransparenzgesetz verpflichtet Unternehmen, Informationen über das Einstiegsgehalt oder dessen Spanne offenzulegen – unabhängig von der Unternehmensgröße. Das kann beispielsweise in der Stellenanzeige geschehen. 
Stellenanzeigen bei Stepstone enthalten seit März 2021 Gehaltsprognosen in Form einer Gehaltsspanne.
 
 
Vorteile der Offenlegung des Gehalts:
 
Die Vorteile einer Gehaltstransparenz liegen auf der Hand: 9 von 10 Befragten würden sich eher auf eine Stelle bewerben, wenn konkrete Gehaltsangaben gemacht oder ein Gehaltsrahmen angegeben werden. Das ergab eine Stepstone-Befragung zu Gehältern und Gehaltstransparenz, 2023/2024. Rund jede*r zweite Recruiter*in gibt zudem an, dass der Bewerbungsprozess häufig abgebrochen wird, weil das Gehalt den Bewerbenden nicht ausreicht. (Stepstone-Befragung 2023/2024). Dies könnte vermieden werden, wenn die Gehaltsfrage früher angesprochen würde. 
„Wer kein Gehalt angibt, verspielt in Zeiten der Arbeiterlosigkeit wertvolles Potenzial. Unternehmen können es sich nicht leisten, durch fehlende Gehaltsangaben auf passende Kandidat*innen zu verzichten.”
 
Dr. Tobias Zimmermann, Arbeitsmarktexperte bei The Stepstone Group
 
 
Wichtig: Unternehmen dürfen Bewerber*innen nicht mehr nach ihrem vorherigen Gehalt fragen.
 
Gehaltstransparenz in der Einstellung
 
Unternehmen sind dazu verpflichtet, ihren Mitarbeitenden leicht zugängliche Informationen darüber bereitzustellen, welche Kriterien zur Festlegung ihres Gehalts, der Gehaltshöhe und der Gehaltsentwicklung verwendet werden. Außerdem müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden jährlich an ihr Recht auf Auskunftsanspruch erinnern – unabhängig von der Unternehmensgröße.

 

Auskunftsanspruch

Der Auskunftsanspruch erlaubt es Mitarbeitenden, in ihrem Unternehmen das sogenannte Vergleichsentgelt anzufragen. Dieses setzt sich aus dem monatlichen Bruttogehalt sowie bis zu zwei weiteren Entgeltbestandteilen, wie Boni oder Zuschlägen, zusammen.
 
Die aktuelle Rechtslage nach dem Entgelttransparenzgesetz von 2017 sieht bereits einen individuellen Auskunftsanspruch zum Vergleichsentgelt vor, allerdings nur für Unternehmen mit mindestens 200 Mitarbeitenden. Mit dem Entgelttransparenzgesetz aus dem Jahr 2023 gilt die Regelung nun bereits für Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitenden. Arbeitnehmer*innen können dabei die Gehälter von Kolleg*innen in Gruppen anfragen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. Die Auskunft muss durch den Arbeitgeber spätestens zwei Monate nach der Anfrage erteilt werden.

   

Berichtspflichten

Der bereinigte Gender-Pay-Gap betrug 2023 in Deutschland 5,5 %. Frauen verdienen bei gleicher Qualifikation und Verantwortung also durchschnittlich 5,5 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Berichtspflichten dienen dazu zu prüfen, ob im Unternehmen Entgeltgleichheit gegeben ist.
 
Nach dem Entgelttransparenzgesetz von 2017 müssen Unternehmen ab 500 Mitarbeitenden regelmäßig über den Gender-Pay-Gap berichten. Dieser Bericht enthält eine nach Geschlecht aufgeschlüsselte Übersicht der Mitarbeitenden in Voll- und Teilzeit, einschließlich ihrer Gehälter.
 
Mit dem Entgelttransparenzgesetz von 2023 gilt diese Berichtspflicht bereits für Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden. Bei einem Lohngefälle von mehr als 5 % innerhalb einer Gruppe von Arbeitnehmer*innen ist eine gemeinsame Überprüfung der Gehaltsstruktur zusammen mit der Arbeitnehmervertretung vorgesehen.

   

Webinar-Tipp

Erfahren Sie mehr über den Auskunftsanspruch für Beschäftigte sowie die Informations- und Berichtspflichten für Arbeitgeber. Drei Expert*innen von Stepstone, Axel Springer und der internationalen Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing verschaffen Ihnen einen umfassenden Überblick über die Vorgaben, die EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der neuen Richtlinie zur Entgelttransparenz bis 2026 umsetzen müssen.
 
Sie erhalten eine Roadmap bis 2026 zur Umsetzung von Transparenzmaßnahmen – inklusive Praxisbeispielen.
Die Aufzeichnung des Webinars "Fair und marktgerecht vergüten: Das Entgelttransparenzgesetz und die EU-Richtlinie" ist online und kostenlos verfügbar. 

   

Fazit

Transparenz und Gleichbehandlung werden zunehmend zu zentralen Faktoren in der Arbeitswelt. Das bedeutet für Unternehmen, dass sie ihre Gehaltsstrukturen und -prozesse jetzt kritisch überprüfen und rechtzeitig anpassen sollten. Es empfiehlt sich, die Gehaltsrunden der Jahre 2024, 2025 und 2026 gezielt zu nutzen, um bestehende Lohnlücken zu schließen und die Arbeitgebermarke zu stärken.

   

Über die Autorin

Portrait von Felicitas von Rauch

Felicitas von Rauch

Felicitas leitet seit 2024 das Team von Stepstones B2B-Expertenslösung rund ums Thema Gehalt: Compensation Partner. Ihre Mission: Unternehmen dabei zu helfen, ihre Gehaltsstrukturen fair und marktgerecht zu gestalten. Sie tritt als Expertin in Stepstones arbeitsrechtlichen Webinar zur EU-Entgelttransparenzrichtlinie auf und erklärt Arbeitgebern die regulatorischen Vorschriften, die sie zu erfüllen haben.