Automatisierung im Recruiting – Für die Zukunft gerüstet
23.09.2021 | Nasser Agha, Bullhorn
Die Automatisierung kommt zwar langsam im Recruiting an, doch noch immer halten sich einige Vorurteile, die die ganzheitliche Implementierung einschränken. Höchste Zeit damit aufzuräumen und die Möglichkeiten aufzuzeigen, die die Branche zukunftsfähig machen.
Können Sie sich noch daran erinnern, wann Sie zuletzt Geld am Schalter abgehoben haben? Bei mir ist das schon länger her, denn die Öffnungszeiten der Bank passen oft nicht zu meinem Tagesrhythmus und das Warten in der Schlange ergibt keinen Sinn, wenn die gleiche Aufgabe von einer Maschine erfüllt werden kann. Der erste Geldautomat wurde in Deutschland 1968 in Betrieb genommen und hat damit die Arbeitsweise von Banken grundlegend verändert. Die monotone Aufgabe manuell Geld auszuzahlen, wurde den Mitarbeitern abgenommen, sodass ihnen Zeit für wichtigere Aufgaben blieb, wie etwa der Anwerbung neuer Kunden.
Sie fragen sich jetzt vielleicht, was ein Geldautomat mit dem Thema Recruiting zu tun hat. Das lässt sich allerdings schnell erklären. Das oben genannte Beispiel veranschaulicht, wie Automatisierung sich wiederholende, manuelle und häufig zeitintensive Aufgaben übernimmt und Kunden dadurch ein besserer Service geboten wird. Unternehmen können so den Fokus auf ihr Wachstum legen und die Zusammenarbeit auf menschlicher Ebene in den Vordergrund stellen. Und das ist es schließlich, was benötigt wird, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Das gleiche Prinzip gilt für die Recruiting-Branche. Denn vermutlich haben heute zwar alle verstanden, dass die Zeit der Rolodexe vorbei ist (kleine Erinnerung, das sind diese drehbaren Karteikartenhalter), doch die Kaltakquise und manuelle Nachfassaktionen sind weiterhin typische To-Dos von Personalvermittlern. Es ist allerdings möglich und sinnvoll, diese Aufgaben an Maschinen abzugeben, sodass das Lead Nurturing, E-Mails und Erinnerungen sowie das Applicant Tracking System (ATS) und das Candidate Screening automatisiert werden können.
Vorteile erkennen
Die Recruiting-Branche muss, wie alle anderen Sektoren auch, mit der Zeit gehen. Kandidaten und Kunden sind durch die Digitalisierung ihrer verschiedenen Lebensbereiche ein neues Tempo und personalisierte Erfahrungen gewöhnt und diese wollen sie auch bei der Kandidaten- oder Jobsuche nicht missen. Je schneller Personaldienstleister also in Automatisierung investieren, desto eher können sie die Vergangenheit hinter sich lassen und von den folgenden positiven Auswirkungen profitieren. Automatisierung optimiert unter anderem:
- Interne Prozesse, da die Systeme weniger anfällig für Fehler sind und smartes und effizientes Arbeiten fördern.
- Die Candidate und Customer Experience, denn die konsistente Kommunikation und Nachbereitung werden vom System übernommen - Bewerber müssen so nicht mehr befürchten, keine Rückmeldung auf ihre Bewerbung zu erhalten. Zusätzlich wird die Erfassung und Umsetzung von Feedback erleichtert..
- Arbeitsabläufe, denn durch die Automatisierung von administrativen Prozessen, bleibt mehr Zeit für umsatzsteigernde Aktivitäten. Technologien übernehmen die Arbeit im Hintergrund, damit die Mitarbeiter reibungslos im Vordergrund agieren können.
Vorurteile beseitigen
Angesichts dieser Vorteile stellt sich die Frage, warum bisher noch nicht jeder Personaldienstleister Automatisierung einsetzt. Sicher hatte die negative Darstellung von Automatisierung und Robotern in Literatur und Film sowie in Schreckensszenarien in der Presse einen Einfluss auf unsere Wahrnehmung. Mit diesen Vorurteilen gilt es jetzt aufzuräumen:
„Das haben wir schon immer so gemacht.“ Jedes Unternehmen hat eigene Prozesse. Auch wenn häufig das Mantra „Wenn es nicht kaputt ist, muss es nicht ersetzt werden“ vorherrscht, gibt es immer Bereiche, die verbessert werden können. Es ist hilfreich, sich kritisch mit dem Recruiting-Prozess auseinanderzusetzen und Lücken, wie fehlerhafte Daten oder Kommunikationsprobleme mit Kandidaten, zu identifizieren und diese zu schließen. Automatisierung ersetzt Prozesse nicht, sondern sorgt dafür, dass sie jedes Mal gleich ablaufen.
„Wenn ich es nicht mache, wird es nicht erledigt.“ Haben Sie schon einmal vergessen, einen Bewerber am Tag des Vorstellungsgesprächs anzurufen oder ihm eine Nachricht zu schicken, um sich zu vergewissern, dass er die Adresse kennt und weiß, wer sein Vorgesetzter ist? Ich schätze, die Antwort lautet ja. Menschen können schließlich mal etwas vergessen, Maschinen nicht. Routineaufgaben wie das Versenden von Erinnerungstexten oder -E-Mails während des gesamten Recruiting-Zyklus sind im digitalen Büro ein Kinderspiel.
„Die Erfahrung der Bewerber wird unter dem Einsatz von Automatisierung leiden.“ Die häufigste Beschwerde von Bewerbern in der Zusammenarbeit mit Personalvermittlern ist, dass sie keine Rückmeldung auf eine Bewerbung erhalten. Sie haben oft das Gefühl, in einem schwarzen Loch zu verschwinden und nie wieder kontaktiert zu werden. Ganz im Gegensatz zu der Vorstellung, dass der persönliche Kontakt unter der Automatisierung leidet, schaffen Personaldienstleister mehr Nähe und Vertrauen, indem Nachrichten sofort und gezielt beantwortet werden und Kandidaten besser im Bewerbungsprozess begleitet werden – vom Erstkontakt, bis zur Vermittlung und darüber hinaus.
Automatisierung ist der Standard von morgen
Schon heute gibt es in jedem Unternehmensbereich Prozesse, die durch Automatisierung verbessert werden können. Doch nicht nur das Heute ist wichtig. Prognosen gehen davon aus, dass Automatisierung in Zukunft so allgegenwärtig sein wird wie ATS. Automatisierung ist eine Technologie, die das Geschäft vorantreibt, das Umsatzwachstum unterstützt und es einem Unternehmen ermöglicht, wettbewerbsfähig zu bleiben.
Folgende Punkte sind in diesem Zusammenhang wichtig:
- Passive Talente machen einen Großteil der Belegschaft aus und der häufigste Grund für einen Jobwechsel ist die Gelegenheit. In Zukunft wird Automatisierung dabei helfen, diese passiven Talente problemlos zu finden, sie weiterzubilden und zu vermitteln. Dadurch wird die eigene Bewerberdatenbank erheblich vergrößert und es kann sichergestellt werden, dass Kunden immer die richtige Person für ihre freie Position bekommen.
- Ebenso wertvoll wie das Erreichen passiver Talente ist die Optimierung und Pflege der Candidate Experience, denn Talente erwarten einen reibungslosen und konsistenten Bewerbungsprozess. Automatisierung greift Personaldienstleistern hier unter die Arme und schafft Freiraum für den Aufbau starker Beziehungen.
Denken Sie an die Lücken, die heute noch im Recruiting-Prozess bestehen. Fast alle können durch Automatisierung geschlossen werden, was einen positiven Einfluss auf Ihr Geschäft hat. Doch denken Sie auch den nächsten und übernächsten Schritt, denn was heute vielleicht ein Breakthrough ist, ist wie der Geldautomat morgen schon der Standard.
*Jährlich führen wir bei Bullhorn unsere Recruiting-Trends-Studie durch, um Erkenntnisse, Erfahrungen und Rückschlüsse aus dem vergangenen Geschäftsjahr sowie einen Zukunftsausblick von Personalvermittlern, Personaldienstleistern und Personalberatern zu erhalten. Der Grad der Digitalisierung und Automatisierung spielt darin ebenfalls eine entscheidende Rolle. Seien Sie auch Teil der neuen Umfrage und erhalten Sie exklusiv vorab Zugriff auf die Ergebnisse!