Arbeitgeber kommunizieren immer – auch unbewusst

17.03.2021 | Michael Benz

Arbeitgeber kommunizieren immer – auch unbewusst
Quelle: unsplash.com – Fotograf: Joao Tzanno (@jtzanno)

"Man kann nicht nicht kommunizieren“ - dieser eiserne Lehrsatz aus der Kommunikationswissenschaft ist eins zu eins auf das Thema Employer Branding übertragbar. Employer Branding ist eines der Wundermittel der vergangenen Jahre, um sich als attraktiver Arbeitgeber auf dem Arbeitnehmermarkt zu positionieren. Doch so einfach ist das nicht.


Der ursprüngliche Branding-Gedanke

Der Begriff „Branding“ kommt ursprünglich aus der Viehwirtschaft. Um die gleich aussehenden Kühe am Ende der Saison auseinanderzuhalten, markierte man sie mit unterschiedlichen Brandzeichen. Schaut man sich heute in der deutschen Arbeitgeberlandschaft um, kommt einem als Kandidat*in schnell der Eindruck, man stehe auf einer "Weide gleich gebrandeter Kühe".


Eine attraktive Arbeitgebermarke kommt nicht über Nacht

Schade, aber so ist es. Employer Branding ist in erster Linie eine ganzheitliche und langfristige Strategie. Arbeitgeber sollten nicht glauben, dass sie mit wenigen, einzelnen Aktionen den Punkt „Employer Branding“ auf der Agenda abhaken können. Es ist ein Prozess, der fortlaufend durch viele verschiedene Maßnahmen bewusst, aber auch unbewusst nachhaltig geprägt wird.

Das heißt, dass Arbeitgeber - gerade in Blick auf den demographischen Wandel - jetzt aktiv werden sollten, indem sie ihre Marke (weiter-) ausbauen und diese transparent kommunizieren. Schließlich tickt die Uhr, denn in wenigen Jahren wird ein großer Teil der Erwerbstätigen in Rente gehen und damit der War for Talents noch präsenter werden.

Um dieser Entwicklung gewappnet zu sein, steht die Markenbildung an erster Stelle des Business Plans. Neben gezielt initiierten Kampagnen, die die Unternehmenswerte, die Employer Value Proposition oder den Purpose ins Visier nehmen, sollte nicht vergessen werden, dass auch die vermeintliche Nicht-Kommunikation ein entscheidender Employer-Branding-Faktor ist.


Folgen von Nicht-Kommunikation

Denn wie bereits eingangs erwähnt, können Arbeitgeber gar nicht nicht kommunizieren. Jede Art von Reaktion, ob bewusst oder unbewusst, hinterlässt eine Wirkung sowohl intern als auch in der Außenwahrnehmung. Anhand von drei Beispielen wollen wir das einmal verdeutlichen.

Beispiel: Krisenmanagement

Während der Hochphase der Corona-Krise im Jahr 2020 wurden in Deutschland und Österreich Arbeitnehmer*innen zu ihrer Jobwechselbereitschaft befragt. Diese Umfrage von karriere.at hat ergeben, dass jede zweite von ihnen direkt nach der Krise den Job wechseln möchte. Eine rigorose Aussage und dennoch trifft sie den Kern. Denn wenn Arbeitgeber sich während Corona nicht um:

  • ihre Mitarbeiter*innen kümmern,
  • Wertschätzung für deren Leistungen und Engagement, trotz oder gerade wegen der schwierigen Situation, zeigen oder
  • Hoffnung und Zuversicht für die gemeinsame Zeit nach der Krise vermitteln, dann tun sie zwar nichts, machen aber dennoch jede Menge falsch.

Beispiel: Umwelt und Nachhaltigkeit

Bei der Studie von Königsteiner zum Jobfaktor Klima kam heraus, dass Arbeitnehmer*innen sich Informationen vom Arbeitgeber zu dessen Engagement im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit wünschen. Jedoch sind diese nur in einem Bruchteil aller Fälle vom Arbeitgeber auch tatsächlich zubekommen oder oftmals schwer aufzufinden. Auch hier wieder dasselbe Spiel: Die fehlende Kommunikation kann einen deutlichen Effekt auf den Bewerber*innen-Strom und deren Bild vom Arbeitgeber haben.

Beispiel: Wunschdenken vs. Realität/Erkennen von Bedürfnissen

Ähnliches stellte die Befragung von StepStone durch eine Befragung fest. Hier wurden hunderte Fachkräfte zur Arbeitgeberattraktivität befragt. Die Umfrage ergab, dass sich 90% der Arbeitnehmenden eine wertschätzende Kultur wünschen, aber nur 18% das in ihrem aktuellen Umfeld als gegeben betrachten. Ebenso äußerten 91% den Wunsch nach Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wohingegen gerade einmal 17% diesem Bedürfnis im Joballtag auch nachgehen können.

Kurz & knapp: Jede Nicht-Kommunikation erhöht das Risiko von sowohl potenziell passenden Talenten nicht wahrgenommen zu werden als auch die Bindung zu den aktuellen Mitarbeitenden zu verlieren.


Die Ursachen von Nicht-Kommunikation

Die Ursachen von Nicht-Kommunikation sind vielfältig. Oftmals sind es falsche Prioritäten oder ein “falscher” Fokus, aber auch der Nicht-Wille des Arbeitgebers, sich damit auseinanderzusetzen, sind mögliche Gründe.

Eine weitere häufige Ursache von Nicht-Kommunikation ist schlicht und ergreifend Unwissenheit, insbesondere die Unwissenheit über die Tragweite von Nicht-Kommunikation. Meist weiß der Arbeitgeber nicht, welche Bedürfnisse und Wünsche seine Arbeitnehmer*innen haben. Dabei gibt es zahlreiche Tools und Anbieter, um anonymisierte Mitarbeiterbefragungen durchzuführen und auszuwerten. So könnten Arbeitgeber den Bedürfnissen und Wünschen von Kandidat*innen und Mitarbeiter*innen auf die Spur kommen und aktiv werden.


Arbeitgeberkommunikation

Der springende Punkt ist, dass die Initiative vom Arbeitgeber ausgehen sollte, um sein Handeln und Verhalten sowohl nach innen als auch nach außen bewusst zu kommunizieren. Das Personalmanagement kann wichtige Faktoren nutzen, um mittels Kommunikation die Employer Brand zu stärken.


Zum Abschluss fünf Tipps, wie Arbeitgeber ihre Employer Brand aktiv beeinflussen:


1. Die Kandidatensuche als Partnerbörse verstehen

Auf dem Arbeitsmarkt geht es zu wie beim Dating. Der aktive Part ist auf der Suche nach einer passenden Partner*in. Hat die suchende Person ihren „Mr./Mrs. Perfect“ gefunden, geht es darum, das Interesse zu wecken. Dafür muss die proaktive Partei (natürlich) möglichst viele ihrer Vorzüge präsentieren. Nur wenn die Proargumente kommuniziert werden, kann sich die Chance auf ein Match zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*in erhöhen.

2. Den passenden Recruiting-Mix wählen

Die Möglichkeiten Kandidat*innen auf sich aufmerksam zu machen, sind vielfältig. Je nach Zielgruppe sollte der Recruiting-Mix gut aufeinander abgestimmt sein. Zuerst muss HR sich intensiv mit ihrer gesuchten Zielgruppe beschäftigen. Welche Kanäle nutzen sie, was ist ihnen bei der Ansprache wichtig oder auf welche Kriterien legen sie besonders viel Wert. All diese Fragen müssen beantwortet werden, um mit der passenden Recruiting- und Personalmarketing-Maßnahme auch die richtigen Kandidat*innen zu erreichen.

3. Die Social-Media-Kanäle als Sprachrohr nutzen

Mit Firmen- und/oder Karriere-Accounts können Unternehmen direkt mit ihrer Zielgruppe, beispielsweise auf Instagram oder LinkedIn, kommunizieren und zeigen, was sich hinter den Kulissen versteckt. Regelmäßiger und authentischer Content aus dem Firmenalltag stärkt so die Bindung zu zukünftigen, aber auch bestehenden Arbeitnehmer*innen.

4. Die Mitarbeitenden zu Botschafter*innen werden lassen

Warum nicht mal als Führungskraft oder Teammitglied über die Firmenkultur in einem Podcast sprechen. Oder die angebotenen Dienstleistungen und Produkte im eigenen Blog erklären. Egal ob Corporate Blog/Podcasts oder mit Hilfe von Influencer*innen – über sich als Arbeitgeber in der Öffentlichkeit zu sprechen, verschafft Authentizität und Nahbarkeit bei der Zielgruppe.

5. Das volle Potenzial der Karriereseite nutzbar machen

Die Karriereseite eines Unternehmens ist das Eingangstor für potenzielle Kandidat*innen. Hier verschaffen sie sich einen ersten Eindruck – und jeder weiß, dass dieser zählt. Je zielgruppenorientierter die Karriereseite gestaltet ist und in puncto Candidate Experience überzeugt, desto eher bewerben sich die Kandidat*innen.

Über den Autoren

Michael Benz von whyapply

Michael Benz (@Strich8_HR) ist studierter Islamwissenschaftler, Downhill Skater und Experte im Bereich modernes Recruiting und Employer Branding.

2017 gründete er das HR Startup whyapply.