Die Macht der Worte: Wie unsere Sprache unser (Arbeits-)Leben beeinflusst

Babara Kolocek | 04.07.2024 | Lesezeit 5 Minuten

ein Mann hat den Mund offen und es kommen Buchstaben raus
Quelle: Exzellente Lernorte

Das Wichtigste in Kürze

Der Artikel beleuchtet die unterschätzte Wirkung von Sprache auf unser Unterbewusstsein und stellt dar, wie kriegsähnliche Metaphern in alltäglichen Gesprächen bedrohliche Atmosphären erzeugen. Er bietet sieben Denkanstöße und drei Reflexionsfragen, um die Bedeutung und den bewussten Einsatz von Sprache zu reflektieren, und betont, wie individuelle Weltbilder, Selbstwertgefühl, Empfängerverständnis und positive Formulierungen das Kommunikationsverhalten beeinflussen können.

Die Wirkung von Worte auf unser Unterbewusstsein wird oft unterschätzt und nicht immer gemeinsam reflektiert. Ausdrücke wie „Der Markt ist hart umkämpft“, „Wir brauchen einen Schlachtplan“, „Na, dann schieß mal los“ oder „Ich habe ein Attentat auf dich vor“ werden leider häufig in Meetings verwendet. Dabei bedienen sich Menschen einer Sprache aus dem Kontext Krieg. In der Politik wird von der „Flüchtlingswelle“ gesprochen, die auf uns „zurollt“. Diese Wortwahl verbreitet unweigerlich eine bedrohliche Atmosphäre. Ist das cool? Nein! Wie oft verharmlosen wir unsere Sprache eigentlich?

Kriegssprache im Arbeitsleben

Der Artikel enthält 7 Denkanstöße und 3 Reflexionsfragen, die dir helfen, das Thema 'Sprache' neu zu reflektieren. 

1. Weltbild und Konstruktivismus

Alles beginnt mit dem Selbstgespräch, dem inneren Monolog. Unsere inneren Worte beeinflussen unsere Gedanken, die wiederum unsere Gefühle und unser Verhalten prägen. Durch Worte kreieren wir unsere Realitäten.  

Das Bild, das jeder Mensch von der Welt hat, ist einzigartig. Keine zwei Personen haben exakt die gleichen Erfahrungen gemacht oder sehen die Welt auf genau die gleiche Weise. Daher unterscheiden sich auch ihre Denkmuster, die sie zur Bewertung ihrer Erfahrungen heranziehen. Jeder Mensch besitzt ein individuelles Weltbild, verbunden mit persönlichen Sehnsüchten, Hoffnungen, Bedürfnissen, Erwartungen, Werten, Überzeugungen, Erfahrungen und deren Interpretationen, sowie Gefühlen und sinnesspezifischen Wahrnehmungen. Jeder Mensch ist zunächst davon überzeugt, dass seine Sicht die einzig richtige ist. Unsere eigene Sichtweise spiegelt unsere Perspektive und unsere Wahrnehmung dessen wider, was wir erlebt haben. 

Im Arbeitskontext wird dies deutlich, wenn es um das Erleben von Werten geht. Uns ist oft nicht bewusst, dass jeder etwas anderes unter demselben Wert versteht. Menschen mit ähnlichen Wertvorstellungen verhalten sich oft unterschiedlich, da sie ihre Werte und deren Kriterien subjektiv definieren 

2. Abhängigkeit versus Unabhängigkeit

In der ersten Kategorie hängt die Erfüllung des Kriteriums ausschließlich vom eigenen Verhalten ab. „Ich erkenne selbst an, wenn ich etwas gut gemacht habe“, ermöglicht es einer Person, sich jederzeit selbst Wertschätzung entgegenzubringen. Diese Person erfüllt ihren wichtigen Wert der Anerkennung eigenständig. Dadurch fühlt sie sich glücklich und motiviert, und ihr Selbstwertgefühl ist stark. In der zweiten Kategorie hingegen wird die Erfüllung des Kriteriums vom Verhalten anderer Menschen abhängig gemacht. Dies tritt häufig in Unternehmen auf, wenn Mitarbeiter darauf warten, für ihre Arbeit gelobt zu werden. Die Erfüllung des eigenen Werts der Anerkennung wird somit an andere delegiert, die eigene Macht abgegeben und die Verantwortung anderen zugeschrieben, wenn Anerkennung ausbleibt. Wer auf Anerkennung wartet und sie nicht erhält, verliert seine Motivation und fühlt sich entmutigt. Wer hingegen die Kriterien seiner Werte verstärkt selbst erfüllt, stärkt sein Selbstwertgefühl. 

Anerkennung ist gegeben, wenn mit zwei Sprechblasen

3. Empfangsfrequenz

Das Verständnis des Empfängers kannst du anhand seiner Reaktion erkennen. Es zählt nicht, was du mitteilen wolltest, noch was du eigentlich sagen wolltest. Die Bedeutung einer Botschaft wird vom Empfänger bestimmt. Wenn der Empfänger etwas anderes versteht als das, was du ausdrücken wolltest, hat es keinen Zweck zu sagen „Du hast mich falsch verstanden“. Als Kommunikationsprofi liegt es an dir, flexibel zu reagieren und deine Botschaft auf verschiedene Arten zu vermitteln, bis sie so verstanden wird, wie du es beabsichtigt hast. 

4. Strategiewechsel

Falls du durch ein bestimmtes Verhalten nicht das gewünschte Ergebnis erreichst, ist es ineffektiv, dasselbe Verhalten mit mehr Nachdruck zu wiederholen. Meist führt es nicht zum Ziel, lauter oder langsamer zu sprechen. Wähle stattdessen andere Worte, formuliere anders und sprich die Sprache deines Gegenübers. Auf diese Weise kannst du eine Verbindung zu ihm herstellen. 

5. Schlüsselbegriffe & Fragen

Wir sagen oft, was wir nicht wollen und verlieren uns manchmal im negativen Strudel. Schlüsselwörter & Fragen wie „Was willst du stattdessen?“, „Sondern?“, „Was brauchst du?“ ziehen unser Gegenüber aus dem Problem- in den Lösungsraum. Es ist wichtig, die Sprache der Möglichkeiten zu sprechen und den Fokus auf positive Ergebnisse zu legen. Indem wir konkrete Wünsche und Bedürfnisse formulieren, schaffen wir eine konstruktive Atmosphäre. Fragen wie „Wie können wir das erreichen?“ oder „Welche Schritte sind nötig?“ unterstützen diesen Prozess und fördern eine lösungsorientierte Denkweise. So können wir gemeinsam effektive Strategien entwickeln und aus dem Problem- in den Lösungsraum wechseln.

vier Sprechblasen mit Text

6. „Müssen“

In unserer modernen Gesellschaft verwenden wir häufig das Wort „müssen“, ohne wirklich darüber nachzudenken. Dieser kleine Begriff, der uns so selbstverständlich über die Lippen kommt, schafft oft unbewusst Druck und Stress. Ob es darum geht, dass wir aufräumen, einkaufen oder diverse Aufgaben erledigen „müssen“ – jedes Mal, wenn wir dieses Wort benutzen, suggerieren wir uns selbst und anderen, dass es keine Wahlmöglichkeiten gibt. Dies führt zu einem Gefühl der Verpflichtung und des Zwanges, das in den meisten Fällen gar nicht notwendig ist.  

Reflektiere das nächste Mal die Situation: „Ist dieses Muss wirklich absolut? Gibt es keine Alternativen oder Optionen? Wer oder was zwingt mich dazu? Ist es ein innerer oder äußerer Zwang? Ist diese Notwendigkeit real oder nur gefühlt?“ 

ein Satz: Im Selbstgespräch " Ich muss das tun"

7. Framing

Du fragst dich, warum manche Menschen ihre Botschaften so gut verkaufen können? Achte darauf, ob sie vielleicht das positive Framing geschickt einsetzen. Positive Rahmung kann den entscheidenden Unterschied machen, wie eine Nachricht aufgenommen wird. Setze auf diese Technik, um im Business-Alltag erfolgreicher zu kommunizieren und deine Ziele effektiver zu erreichen.

Ein Negatives Farming in einem Kasten und ein Positives Farming im Kasten

Fazit: Worte können Gutes bewirken und ebenso Schlimmes tun. Vor der Wirkung steht die Auswahl und das Bewusstsein über unsere Sprachmuster.  

 

Reflexionsfragen: 

  • Wie unterscheidet sich meine Sprache in unterschiedlichen Kontexten? (Familie, Freunde, Arbeit..) 
  • Welche Sprachroutinen beeinflussen meine Stimmung im Alltag?  
  • Wann habe ich zuletzt von jemanden Feedback zu meiner Sprache bekommen oder jemanden Feedback gegeben? 

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ein Satz: Im Selbstgespräch " Ich muss das tun"

Über den Autorin

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Barbara Kolocek

Barbara Kolocek befasst sich seit über 10 Jahren mit den Zukunftsfragen zum Wandel der Arbeitswelt. Nach Stationen beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW), Axel Springer und zuletzt in einem Start up, hat sie sich selbständig gemacht und begleitet seitdem Unternehmen im Bereich Personal- und Organisationsentwicklung. Die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen in Team- und Kommunikationstrainings. Wenn sie mal nicht bei den Wirtschaftsunternehmen vor Ort ist, moderiert sie diverse HR-Events oder engagiert sich in der Wissenschaft und Lehre. Sie ist Co-Herausgeberin des beim Springer Gabler Verlag erschienenen Buches „Arbeitswelt der Zukunft“ und arbeitet nebenbei als Dozentin für diverse Themenfelder im Kontext “Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie” an der SRH Berlin/NRW und der Hochschule Fresenius.