Wie hat sich der Arbeitsmarkt in den letzt 20 Jahren verändert? Trend 4: Mehr Erwartungen an den Job
12.09.2019 | Fanny Jimenez und Linda Dommes
Was hat sich in den vergangenen 20 Jahren am Arbeitsmarkt getan? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine 4-teilige Serie im Zukunft Personal Blog in Kooperation mit Trendence. Neue Artikel erscheinen donnerstags.
Was hat sich in den vergangenen 20 Jahren am Arbeitsmarkt getan? Es war eine turbulente Zeit, der Wandel schien allgegenwärtig. Trendence hat diese Veränderungen als unabhängiges Beratungs- und Marktforschungsunternehmen genauso lange begleitet und erforscht. Wie ein Seismograph verraten unsere Studien, wie und wann sich Karrierepläne und Wunscharbeitgeber von Tausenden Schüler_innen, Absolvent_innen, Young Professionals und Fachkräften verändern. Und sie verraten, welche Arbeitgebermarken die Veränderungen der Zeit am erfolgreichsten gemeistert haben. Die besten Brands, die größten Aufsteiger: Sie haben die richtigen strategischen und operativen Entscheidungen im Bereich Employer Branding und Personalmarketing getroffen. .
Trend 4: Mehr Erwartungen an den Job
Im Blogbeitrag der vergangenen Woche haben wir aus den Daten gelesen, dass neben einem fairen Gehalt für Frauen in besonderem und für Männer in etwas geringerem Maße die Flexibilität der Arbeit ausschlaggebend ist bei der Wahl des Arbeitgebers. Was aber kann außer diesen beiden Faktoren noch ausschlaggebend dafür sein, Bewerber für sich zu gewinnen?
Der War of Talents wird durch den demographischen Wandel verschärft. Die Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt verschieben sich so zunehmend: Was Studenten, Absolventen und Young Professionals wollen und fordern können bekommt so immer mehr Gewicht. Ein faires Gehalt und Work-Life-Balance allein genügt dabei nicht. Wer im Recruiting die Nase vorn haben will, muss auf einen klugen Incentive Mix aus kulturellen Faktoren und Hygiene-Faktoren setzen.
"Wer im Recruiting die Nase vorn haben will, muss auf einen klugen Incentive Mix aus kulturellen Faktoren und Hygiene-Faktoren setzen."
Die Idee einen Arbeitgeber rein auf Basis der inneren Werte zu wählen, ist schön – aber nicht realistisch. Wie immer im Leben spielen für eine Entscheidung viele Faktoren eine Rolle. Einige aber sind so fundamental, dass der Spielraum für den potenziellen Arbeitgeber gering ist: Unterschreitet etwa das Gehalt einen bestimmten Punkt X, hilft auch nichts anderes dabei, einen Bewerber zum Unterschreiben zu bewegen. Das Vergütungspaket ist der Klassiker unter den Hygiene-Faktoren, und auch der wichtigste.
Zielgruppenspezifische Ansprache wichtiger denn je
Die Zielgruppen wissen mittlerweile sehr gut, was sie dabei einfordern können. Und sie passen ihre Forderungen dem Markt an. Je enger dieser für Arbeitgeber wird, desto teurer wird der Baustein Hygienefaktoren. Da wird man auch mit viel Kultur nicht drum herumkommen. Die grundsätzliche Schwierigkeit ist, dass der Punkt X, der nicht unterschritten werden darf, bei Bewerbenden individuell sehr unterschiedlich sein kann. Die Zielgruppe der Absolventen ist noch recht homogen, wie Trendence-Daten zeigen: Die Höhe des Einstiegsgehaltes spielt bei ihnen generell eine wichtige, meist die wichtigste Rolle. Bei jenen mit Berufserfahrung verändert sich das jedoch. Zwar ist eine angemessene Bezahlung immer noch wichtig, aber bei weitem nicht alles.
"Mit wachsender Berufserfahrung bekommen zunehmend Faktoren Relevanz, die die Arbeitszufriedenheit im Alltag prägen – und das sind jene, die von der Unternehmenskultur geprägt werden."
Mit wachsender Berufserfahrung bekommen zunehmend Faktoren Relevanz, die die Arbeitszufriedenheit im Alltag prägen – und das sind jene, die von der Unternehmenskultur geprägt werden. Fordert diese Firma nicht nur Flexibilität von mir, sondern gesteht sie mir im Gegensatz auch zu? Steht Teamarbeit wirklich so hoch im Kurs wie versprochen, oder zählen am Ende doch die Ellenbogen? Unternehmen, deren gelebte Werte, Regeln und Überzeugungen gut zu einem passen, öffnet man sich eher, und man bleibt ihnen treuer. Die Schwierigkeit ist: Tatsächliche kulturelle Merkmale, mit denen ein Arbeitgeber punkten kann, sind nicht mal eben gefunden. Man kann an ihnen nicht einfach schrauben wie an den Zahlen des Gehalts, sondern muss sie langfristig etablieren und beständig kultivieren.
Es gibt aber eine Schraube, an der sich etwas einfacher drehen lässt, und die im besten Fall die Unternehmenswerte transportiert und unterstützt. Die Rede ist von materiellen oder immateriellen Benefits. Hier ist wichtig: Benefits werden von der Zielgruppe nicht als Kompensation für ein geringeres Gehalt anerkannt, sondern stehen für sich. Und: Nicht alles, was von Arbeitgebern als Benefit beworben wird, wird auch in der Zielgruppe so wahrgenommen. Das zeigt das Trendence GenY-Barometer 2018, in dem wir die Rolle von Benefits analysiert haben.
Benefits
Eine betriebliche Altersvorsorge, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Gleitzeit und eine moderne Arbeitsplatzausstattung etwa gehörten für mehr als die Hälfte der Befragten zur Grundausstattung – hier kann also kaum noch von Benefits sprechen. Als echte Benefits wahrgenommen wurden dagegen etwa der Firmenwagen mit privater Nutzung (81 Prozent), Gesundheits- und Sportangebote (67 Prozent), Home-Office (53 Prozent), ein Job-Ticket (67 Prozent), kostenfreie Getränke und Obst (66 Prozent), Mitarbeiterrabatte (64 Prozent), Sabbaticals (61 Prozent) und vermögenswirksame Leistungen (55 Prozent).
Es gab aber auch Benefits, mit denen die Zielgruppe nur wenig anfangen konnte, etwa ein Firmenhandy mit privater Nutzung, das in Zeiten von Flatrates und günstigen Tarifen keinen Mehrwert mehr bietet. Wichtig war den Befragten dagegen die Arbeitsplatzgestaltung. Knapp 66 Prozent wünschen sich Lounge-Ecken für die Pausen oder Besprechungen. 58 Prozent finden Einzelbüros attraktiv oder sehr attraktiv, 70 Prozent Zweierbüros. Großraumbüros dagegen hatten keine große Fangemeinschaft.
"Vier Fünftel der Befragten wünschten sich übrigens, dass Benefits noch transparenter und direkter von Unternehmen kommuniziert werden, als es bisher der Fall ist."
Arbeitgeber, die ihre Zielgruppen gut kennen, können mit den „richtigen“ kleinen Benefits Großes bewirken. Bewerben sollte man natürlich nur die Benefits, die unter Bewerbenden tatsächlich als solche gelten. Vier Fünftel der Befragten wünschten sich übrigens, dass Benefits noch transparenter und direkter von Unternehmen kommuniziert werden, als es bisher der Fall ist. Wer es richtig anstellt, kann im Wettstreit zwischen Hygiene-Faktoren und kulturellen Faktoren Benefits als das Zünglein an der Waage einsetzen – und so auch besonders umkämpfte Bewerbergruppen für sich gewinnen.
Wer noch genauer wissen will, was etwa Ingenieure oder ITler von ihren potenziellen Arbeitgebern wollen, kann das auf der Zukunft Personal beispielsweise am Get in IT Stand tun, an dem in diesem Jahr wieder die Get in IT Studie ausliegt. Wir wünschen viel Spaß und beste Erkenntnisse dabei!