Erste Hilfe gegen Arbeitsfrust: Sind deutsche Arbeitnehmer:innen unzufrieden mit ihrem Job?
20.02.2025 | Gina Schöler | Lesezeit 8 Minuten

Das Wichtigste in Kürze
Deutsche Arbeitnehmer sind zufriedener denn je, aber die hohe Wechselbereitschaft deutet auf ungelöste Probleme hin. Zufriedenheit hängt von Faktoren wie Gehalt, Arbeitsbedingungen und Anerkennung ab. Aktuelle Krisen beeinflussen die Arbeitswelt negativ. Die Positive Psychologie kann durch Stärkenfokus und Wertschätzung die Zufriedenheit steigern. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können gemeinsam durch Maßnahmen wie Work-Life-Balance und Weiterbildung die Arbeitsfreude erhöhen.
Die Arbeitszufriedenheit in Deutschland hat in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Aufschwung erlebt. Laut der Arbeitszufriedenheits-Studie 2023 von AVANTGARDE Experts sind deutsche Arbeitnehmer:innen so zufrieden wie nie zuvor (79% eher zufrieden bis vollkommen zufrieden). Dennoch kennen wir alle jemanden, der nicht happy mit dem Job ist und die Wechselbereitschaft bleibt weiterhin hoch, was auf tieferliegende Unzufriedenheiten hindeutet.
Faktoren der Arbeitszufriedenheit
Arbeitszufriedenheit bezeichnet die positive Einstellung einer Person gegenüber ihrer Arbeit. Sie wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter Gehalt, Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsklima, Karriereperspektiven, Herausforderungen, Anerkennung und Work-Life-Balance. Die Gewichtung der einzelnen Faktoren hängt dabei stark von der persönlichen Lebenssituation und den eigenen Werte ab.
Eines ist aber klar: alle wünschen sich eine stabile Basis. Das bedeutet, dass die Rahmenbedingungen, wie finanzielle Entlohnung, Tätigkeit und Arbeitsorganisation passen müssen. Wenn das stimmt, sind wir sozusagen bei Level 0. Um dann auf die positive Seite zu rutschen, braucht es Anerkennung, ein gutes Team und eine fördernde Führungskraft. Und hieran hapert es oft noch, denn diese Themen sind leider weiterhin noch nicht bei allen Unternehmen angekommen und eine fördernde Führungskultur, wertschätzender Umgang oder Anerkennung des Menschen sind noch nicht an der Tagesordnung.
Aktuelle Entwicklungen am Arbeitsmarkt
Krise, Krieg, Inflation, Einsamkeit und Überforderung: All das hat natürlich auch Einfluss auf die Arbeitswelt. Da ist es kein Wunder, dass immer mehr Menschen sich ängstlich, überfordert oder deprimiert fühlen und diese Gefühle eben auch in den Job mitbringen.
Die Wirtschaft ist schnelllebig und die Veränderung ist ein beständiger Teil in fast jedem Job. Diese Prozesse annehmen und akzeptieren zu können, muss gelernt sein und hierbei fehlt oft die Unterstützung der Unternehmen. Der Mensch muss mehr und mehr in den Fokus gerückt werden, damit Unternehmen auch weiterhin wettbewerbsfähig sein können.
Um die Arbeitszufriedenheit zu steigern, sind Elemente der positiven Psychologie meiner Meinung nach unerlässlich! Die Positive Psychologie beschäftigt sich mit den positiven Aspekten des menschlichen Erlebens und Verhaltens. Forschungsergebnisse zeigen, dass durch gezielte positive Interventionen das Wohlbefinden und die Arbeitszufriedenheit gesteigert werden können. Solche Interventionen umfassen beispielsweise das Fördern von Stärken, das Kultivieren von Dankbarkeit und das Entwickeln von Resilienz.
Hier setzen mittlerweile schon viele Unternehmen an, aber es müssen mehr werden, damit diese Kultur, geprägt von Menschlichkeit und Augenhöhe, selbstverständlich gelebt wird. Es darf mehr Fokus auf die Förderung des Positiven und weniger auf das Ausmerzen der negativen Aspekte gelegt werden. Und das wird “Wunder” bewirken: Motivation, Zusammenhalt, emotionale Bindung uvm.
Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit
Um die Arbeitsfreude zu erhöhen, können sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer:innen verschiedene Strategien anwenden:
- Stärkenorientierung: Fokussiert euch auf eure individuellen Stärken und setzt diese bewusst in der täglichen Arbeit ein. Ihr wisst nicht, welche eure sind? Dann fragt euch gegenseitig und ihr werdet staunen, was Kolleg:innen euch zuschreiben werden!
- Anerkennung und Wertschätzung: Arbeitgeber sollten die Leistungen ihrer Mitarbeiter:innen regelmäßig anerkennen und wertschätzen. Auch untereinander im Team sollte das regelmäßig stattfinden. Hier ein authentisches Ritual zu finden, das in euren Arbeitsalltag passt, kann enorm helfen, Regelmäßigkeit in dieses wichtige Thema zu bekommen.
- Work-Life-Balance: Eine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Privatleben ist essentiell für das Wohlbefinden. Mentale Gesundheit ist ein Aspekt, den alle trainieren können und sollten. Hier darf es sehr gerne auch Angebote seitens des Unternehmens geben: Supervision, Coaching, Bildungsurlaube mit diesem Fokus.
- Werte-Fokus: Jede Person vertritt andere Werte, die sie für die Zufriedenheit im Job einbauen möchte. Wie kann das bei euch im Unternehmen oder bei euch im Job passieren? Überlegt euch Möglichkeiten und Strategien, um eure individuellen Werte auch im Arbeitskontext treu zu bleiben – das macht auf dauer glücklich(er).
- Weiterbildung und Entwicklung: Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung fördern die Zufriedenheit. Setzt euch Ziele, sprecht darüber und fordert Maßnahmen dazu aktiv ein.
- Positive Arbeitsumgebung: Ein unterstützendes und positives Arbeitsklima trägt maßgeblich zur Zufriedenheit bei. Wie könnt ihr euren Wirkungskreis nutzen und als Vorbild dienen?
Obwohl die Arbeitszufriedenheit in Deutschland gestiegen ist, gibt es weiterhin Bereiche mit Verbesserungspotenzial. Durch die Anwendung von Prinzipien der Positiven Psychologie und gezielte Maßnahmen können sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer:innen aktiv zur Steigerung der Zufriedenheit und des Wohlbefindens am Arbeitsplatz beitragen.