Keynote Speaker Martina Ruiß im Kurzinterview
21.09.2020 | Miriam Appel
Martina Ruiß, Head of HR bei Personio, sieht HR als Antreiber und Säule des Unternehmenswachstums. Ihr Fokus liegt darauf, Personio als starke Arbeitgebermarke zu positionieren, um die besten Talente zu gewinnen und die einzigartige Unternehmenskultur weiter zu fördern. Zuvor studierte sie Wirtschaftspädagogik und Anglistik an der LMU München sowie Technology Managements am Center for Digital Technology and Management (CDTM). Zwischen 2010 und 2018 war sie im Recruiting bei McKinsey & Company in Köln und Dubai sowie für UK und die USA tätig.
Im Hinblick auf die diesjährige ZP Europe Virtual und ihre Keynote am 13. Oktober 2020 ab 16:00 Uhr stand Frau Martina Ruiß im Kurzinterview für einige spannende Fragen zur Verfügung:
Welchen Programmpunkt der ZP Europe Virtual werden Sie auf keinen Fall verpassen?
Da muss ich natürlich direkt Werbung in eigener Sache machen: Ich spreche am zweiten Messetag um 16 Uhr als eine der Keynote Speakerinnen über unsere Erfahrungen bei Personio und freue mich, wenn ihr dabei seid.
Auf wessen Beitrag ich mich ansonsten sehr freue, ist Frauke von Polier. Sie ist Chief Operating Officer People bei SAP SE und eine ganz schöne Power-Frau. Das finde ich immer sehr inspirierend. Bei SAP ist sie für die HR-Strategie, digitale HR-Transformation, People Analytics, HR Tech und Consumer Experience verantwortlich, weswegen es sich definitiv lohnt, ihre Keynote anzuschauen. Sie findet übrigens am 16. Oktober um 15:30 statt.
Was raten Sie den Teilnehmenden mit Blick auf die ZP Europe Virtual?
Bei einer Online-Veranstaltung wie der ZP Europe Virtual ist es wichtig, seine Zeit gut zu priorisieren und die Tage effizient zu planen. Das Angebot an Ausstellern, Workshops und Keynotes ist vielfältig, weshalb Teilnehmer definitiv davon profitieren, wenn sie sich früh über die Agenda informieren und sich ihre Favoriten direkt im Kalender eintragen. So behalten sie den Überblick über ihre Termine und vermeiden Doppelbuchungen, die bei einem Online-Event doch mal passieren können.
Wir von Personio freuen uns jederzeit über Terminanfragen, stehen aber selbstverständlich auch spontan für einen Austausch an unserem virtuellen Stand zur Verfügung.
Die ZP Europe Virtual thematisiert auch die Corona bedingten Veränderungen. Was sagen Sie denn: Kann HR Disruption?
Definitiv. Auch vor Corona waren Themen wie digitale Prozesse und Daten wichtig. Meistens stießen Personaler aber auf taube Ohren des Managements, weil andere Projekte mehr Priorität bekommen oder die Relevanz eines digitalisierten HR-Bereichs nicht gesehen wird.
Durch die Krise bekommen digitale Prozesse im HR-Bereich endlich die Aufmerksamkeit, die sie schon vor Jahren gebraucht hätte. Wir haben zum Beispiel durch unsere eigene Studie gesehen, dass Unternehmen, deren HR-Bereich komplett digitalisiert ist, besser mit der Krise umgehen konnten. Das zeigt nochmal deutlich: Der Personalbereich macht Unternehmen widerstands- und zukunftsfähiger.
Mein Appell an alle Kollegen ist also, selbstbewusster und lauter zu werden, um auch jenseits der Krise zukunftsweisende Veränderungen im Unternehmen durchzuboxen. Denn das Wissen und die Erfahrung ist meist da. Es braucht nur den richtigen Zeitpunkt – und der ist spätestens jetzt.
Wünschen Sie sich auch in Zukunft ein virtuelles Messeformat?
Virtuelle Events sind eine echte Alternative zu realen Veranstaltungsformaten und auch in der Zukunft nicht mehr wegzudenken. Mittlerweile ist der digitale Austausch zu etwas Gewohntem geworden und es ist super, dass die Event-Branche die HR Community nun online vernetzt, um weiterhin interessante Diskussionen zu fördern.
Allerdings ersetzt nichts den persönlichen Austausch, weshalb wir uns auch freuen, wenn es reale Veranstaltungen wieder erlaubt sind. Eine Kombination aus beiden Formaten ist, denke ich, für die Zukunft der beste Weg.
Welche Rolle kommt HR bei der digitalen Transformation zu?
Ich sehe bei HR zwei Schlüsselrollen: die Digitalisierung von Personalprozessen zu leiten und passende – digital versierte – Mitarbeiter für andere Abteilungen einzustellen bzw. sie zu schulen.
Wenn es um die digitale Transformation geht, haben Abteilungen wie der Vertrieb oder Marketing meistens den Vorrang in Unternehmen, weil sie direkt auf den Umsatz einzahlen. Dabei vergessen aber viele, dass der HR-Bereich sich um die wichtigste Ressource in Unternehmen kümmert: die Mitarbeiter. Es ist deshalb Aufgabe von HR, Personalprozesse zu analysieren und zu automatisieren, um mehr Freiraum für strategische Themen zu haben. Denn nur mit den richtigen Bindungsmaßnahmen können Unternehmen motivierte Mitarbeiter halten.
Gleichzeitig spielt es eine große Rolle, Angestellte im Unternehmen zu haben, die die Veränderungen verstehen und mittragen. Bedeutet: Personaler stellen nicht nur Mitarbeiter mit einer entsprechenden Einstellung und den nötigen Fähigkeiten ein, sondern sie legen die Basis, damit sich Mitarbeiter weiterqualifizieren können, und treffen anhand von People Analytics datengestützte Personalentscheidungen für das gesamte Unternehmen.
Wie wichtig ist die Unternehmenskultur im Kontext der Personalarbeit?
Die Unternehmenskultur gehört mittlerweile zu den zentralen Aufgaben im HR-Bereich, denn sie bestimmt, wie stark sich (potenzielle) Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren. Nach innen gesehen, steigert sie u.a die Motivation, Produktivität und Bindung. Nach außen steigert sie die Attraktivität des Unternehmens bei Kandidaten.
Es gibt einige Studien, die herausheben, welchen positiven Einfluss die Unternehmenskultur aus den Unternehmenserfolg hat. Zum Beispiel senkt sie die Fluktuation: Unternehmen mit starker Unternehmenskultur haben eine Fluktuationsrate von 13,9 % – bei denen mit schwacher Kultur liegt sie bei 48,4 %. Ein weiteres Beispiel ist das Arbeitsklima. Mitarbeiter bewerten Aspekte wie Zusammenarbeit, Arbeitsumfeld und Wertorientierung bei starker Kultur um 20 % besser.
Ein zentraler Punkt bei der Unternehmenskultur ist es, gemeinsam Werte zu schaffen und diese auch zu leben. Personaler koordinieren, leiten und begleiten diesen Prozess. Natürlich liegt bei uns im Personalbereich auch die Aufgabe, dass sich diese Werte wie ein roter Faden im Unternehmensalltag durchziehen. Bei uns sind sie zum Beispiel Teil des Performance- und Feedback-Prozesses und äußern sich auch in unseren sozialen Engagements.
Eine starke Arbeitgebermarke ist Grundvoraussetzung eines erfolgreichen Recruitings. Ihre Tipps: Was gilt es bei der Positionierung zu beachten?
Bei der Positionierung sind drei konkrete Fragen wichtig: Wie sieht die Ist-Perspektive aus? Wie differenzieren wir uns vom Wettbewerb? Wie sieht die Soll-Perspektive aus? Bei der Ist-Perspektive ist es wichtig herauszuarbeiten, was Sie als Unternehmen auszeichnet und was Mitarbeiter an Ihnen als Arbeitgeber schätzen. Die Differenzierung hebt hervor, was Sie einzigartig macht. Und die Soll-Perspektive zeigt, wofür Sie langfristig stehen wollen.
Es geht hier nicht nur darum, die Stärken als Arbeitgeber herauszuarbeiten, sondern vor allem auch darum, authentisch zu sein. Glorifizierungen aneinanderzureihen, wirkt schnell unecht, was im schlimmsten Fall eher zu einem Image-Schaden führt.
Um ein ganzheitliches Bild für unsere Arbeitgebermarke zu bekommen, haben wir zum Beispiel Workshops mit Mitarbeitern und dem Management gemacht. Das hat uns strategische und praktische Perspektiven gegeben, die wir letztendlich zu einem Bild gegossen haben.
3 Schritte zu erfolgreichem Personalmarketing
Eines der wichtigsten Punkte im Personalmarketing ist es, seine Zielgruppe zu kennen: Welche Kandidaten will ich wo ansprechen? Ein Entwickler treibt sich nicht unbedingt tagtäglich auf LinkedIn herum, während ein Marketing-Spezialist öfter reinschaut. Mögliche Kontaktpunkte zur Zielgruppe sind zum Beispiel Social-Media-Kanäle, Karrieremessen und Ihre eigenen Mitarbeiter.
Bei uns sind Mitarbeiterempfehlungen ein wichtiger “Kanal”, um neue Bewerber zu rekrutieren. Generell sind Ihre Mitarbeiter wichtige Multiplikatoren im Personalmarketing: Ohne sie geht es nicht, denn Sie teilen Ihre Inhalte und sind somit Markenbotschafter. Das können Sie auch unterstützen, indem Sie Social-Media-Profilbilder für sie erstellen oder Prämien für erfolgreiche Empfehlungen ausstellen.
Der dritte Aspekt dreht sich um den Punkt “Authentizität”: Wie sieht ihr Arbeitsalltag aus? Welche Benefits bieten Sie an? Was sagen Ihre Mitarbeiter zur Arbeit bei Ihnen? Zeigen Sie potenziellen – und bestehenden – Mitarbeitern, wer Sie als Arbeitgeber sind. Auf Social Media bietet sich das natürlich immer gut an, aber auch Recruiting Newsletter können Sie dafür gut nutzen. Authentische Einblicke in Ihr Unternehmen geben vor allem Kandidaten ein gutes Bild über das Arbeitsklima bei Ihnen, was definitiv die letzte Motivation für eine Bewerbung sein kann.
Herzlichen Dank!