Über Tech Recruiting & New Work - Interview mit Alexander Schlomberg | Teil 2
30.06.2020 | Miriam Appel
New Work ist Taktgeber Ihrer täglichen Arbeit. Beginnt New Work für Sie im Recruiting-Prozess?
Definitiv - insbesondere in der IT-Branche, wo der Fachkräftemangel besonders gravierend ist. Personaler müssen deshalb beim Recruiting von IT-Spezialisten neue Wege gehen. Immer mehr hochqualifizierte IT-Fachkräfte entscheiden sich für den Schritt in die Selbständigkeit. Viele Unternehmen haben ihre Recruiting-Prozesse allerdings noch nicht an diese neue Ausgangslage angepasst haben. Wer sich neuen Arbeitsmethoden gegenüber nicht öffnet, wird im War for Talent schlechte Chancen haben, da diese von den IT-Experten zunehmend eingefordert werden.
Langfristig gesehen, geht es nicht nur darum, Zugang zum Freelancer-Markt zu erhalten, sondern die Herausforderung zu bewältigen, die Qualifikation von externem Personal umgehend zu prüfen. Durch unser umfangreiches technisches Quality-Screening und die Vorteile unserer Community, können wir Standards gewährleisten, die im Unternehmensumfeld schwer zu realisieren und dennoch essentiell notwendig sind.
Welche weiteren Faktoren machen für Sie „New Work“ im Kern aus?
New Work geht natürlich weit über die Freiheit remote oder im Home-Office zu arbeiten, hinaus. Oftmals reichen schon Benefits wie ein Kickertisch oder kostenlose Getränke aus, damit der Begriff New Work fällt. Dabei geht es in Wirklichkeit um viel mehr: Es geht darum, den Mitarbeitern die Freiheiten einzuräumen, neue Ansätze zu verfolgen, neue Herangehensweisen auszuprobieren, die Vernetzung und den Austausch mit anderen Abteilungen oder Mitarbeitern aus anderen Unternehmen aktiv zu fördern, um so kreative Prozesse zu unterstützen. Es geht außerdem darum, den Mitarbeitern viel Selbstverantwortung zuzugestehen und ihnen Weiterentwicklungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten zu bieten und sie an den finalen Ergebnissen ihrer Arbeit teilhaben zu lassen.
Ungeplante Entwicklungen, wie bspw. die aktuelle Krise, zwingen Unternehmen zu kurzfristigen Veränderungen. Darauf ist die Mehrheit nicht vorbereitet. Was raten Sie Unternehmen, um eine schnelle Anpassung dennoch zu ermöglichen?
Die aktuelle Krise stellt Unternehmen derzeit vor neue Herausforderungen, wie beispielsweise
- zahlreiche offene Stellen ohne die Möglichkeit für Neueinstellungen. Hier können Freelancer die Lücken schnell und ohne viel Verwaltungsaufwand füllen
- Ad-hoc-Digitalisierung (Bedarf an sehr spezifischem Know-how, das so schnell wie möglich benötigt wird, um den Betrieb auch remote zu gewährleisten)
- Datensicherheit
- Beratung über die IT-Infrastruktur in der neuen Situation
Bei all diesen Herausforderungen können Freelancer, die quasi remote-Experten sind, als Berater herangezogen werden und Hilfestellung leisten. Die neue Situation zwingt Unternehmen außerdem neue Arbeitsmethoden wie remote work oder den Einsatz von Freelancern zu testen, innere Strukturen dadurch zu modernisieren und die Firma auf zukünftige Notfall-Situation vorzubereiten.
Wie sieht dabei Ihre Strategie aus? Gibt es Dinge, die Ihrer Meinung nach bei der praktischen Gestaltung einer neuen Arbeitswelt elementar sind
Essentiell ist es unserer Meinung nach, ein Verständnis für die Erwartungen der IT-Experten zu entwickeln und diese Erwartungshaltung regelmäßig zu evaluieren. expertlead hat durch die eigene Community einen sofortigen Zugang zu diesen Erkenntnissen und ein aktuelles Verständnis darüber, wie das Angebot für IT-Personal durch den Einsatz praxisorientierter Lösungen optimiert werden kann. Unser Team validiert diese Erkenntnisse kontinuierlich, um eine Wissensbasis aufzubauen, auf die unsere Kunden zugreifen können und die sie bei der Gestaltung ihrer Arbeitswelt einbeziehen können.
Remote Work, Videocall statt persönliches Meeting, Work-Life-Blending: Welche Erfahrungen machen Sie aktuell bei expertlead?
Wir bei expertlead machen bisher positive Erfahrungen mit der Umstellung auf Remote Work. Schon vor der Krise haben einige unserer Teammitglieder, zum Beispiel aus dem Tech-Team, komplett remote gearbeitet. Als Tech-Startup hatten wir außerdem auch schon alle gängigen Programme und die technische Ausstattung zur Verfügung, die es für den Umzug ins Home-Office braucht. Auch durch unsere Erfahrung mit Tech-Freelancern, die oftmals komplett remote arbeiten, wissen wir, worauf es bei einer Zusammenarbeit “aus der Ferne” ankommt. Trotzdem haben auch wir gemerkt, dass es einen Unterschied macht, ob ein einzelnes Team remote arbeitet oder die gesamte Belegschaft. Doch unsere bisherigen Erfahrungen in diesem Bereich haben uns enorm dabei geholfen, uns schnell auf die komplexen Herausforderungen einzustellen. Für uns waren dabei folgenden Aspekte besonders wichtig:
- Schaffung eines fördernden Arbeitsumfeldes und die Gewährleistung von Coaching und Mentoring in allen Ebenen des Unternehmens, um die Hürden eines Remote-Setups zu meistern
- transparente Kommunikation, um einen Zugang zu allen relevanten Informationen und Entwicklungen und damit eine effektive Arbeit zu gewährleisten
- Initiativen zur Förderung der Feedback-Kultur und der allgemeinen Unternehmenskultur
- die persönliche Entwicklung des Einzelnen trotz des Remote-Settings nicht zu vernachlässigen
- mehr Raum für jeden einzelnen, um die persönliche Meinung und Verbesserungsvorschläge auf strategischer und operativer Ebene einzubringen
- Erweiterung des technischen Equipments, um eine reibungslose Kommunikation zwischen mehreren Teams zu ermöglichen
Die deutsche Arbeitswelt vor, während und nach Corona: Was änderte sich, was bleibt bestehen?
Die Implementierung moderner Arbeitsmethoden verlief in Deutschland vergleichsweise schleppend. Es ist faszinierend zu sehen, wie New Work durch die Corona-Krise quasi über Nacht auch in den deutschen Arbeitsalltag etabliert wurde. Trotz aller negativen Auswirkungen der Covid-19-Krise könnte dies zumindest ein positiver Nebeneffekt sein: Durch die Corona-Krise wird deutlich, welches Potenzial die Digitalisierung der Arbeit für Firmen und ihre Angestellten weltweit hat und nimmt vielen hoffentlich die Angst vor modernen Arbeitsmodellen. Deutsche Unternehmen erkennen jetzt schon, dass die Zusammenarbeit aus der Ferne funktioniert und vielleicht sogar die Produktivität fördert, anstatt ihr zu schaden. Dies könnte unseren Markt- und Digitalisierung-Bemühungen in Deutschland im Allgemeinen einen weiteren Auftrieb geben, sobald die Wirtschaft stark genug ist, um sich von der aktuellen Covid-19-Krise zu erholen. Nach der Corona-Krise sollten wir uns auf jeden Fall die aktuell zu beobachtende Flexibilität, Technikaffinität und Lösungsorientierung beibehalten.