Digitalisierung von Personalprozessen – Elton Schwerzel im Interview

06.09.2019 | Redaktion Zukunft Personal

Quelle: Elton Schwerzel

Die Digitalisierung von Personalprozessen bewegt HR-Abteilungen branchenübergreifend, denn viele Personaler verlassen sich noch stark auf manuelle Porzesse. Durch digitale Lösungen sind Unternehmen heute in der Lage, Mitarbeiter mit Karrieremöglichkeiten innerhalb der Organisation zu verknüpfen. So entsteht eine enge Mitarbeiterbindung, die sich wiederum positiv auf das Employer Branding auswirkt. Elton Schwerzel leitet das Talentsoft DACH-Team von Köln aus und verantwortet die strategische Entwicklung innovativer Software-Lösungen. Also Profi rund um neue Technologien und geeigneter Systeme spricht er im Interview über die Chancen digitaler Personalprozesse.

 

1. Die Digitalisierung hat immense Auswirkungen auf HR. Welche Entwicklung finden Sie hierbei besonders positiv? Was ist, Ihrer Meinung nach, die größte Veränderung?

„Durch neue Technologien und Medien sind wir in der Lage, unsere Arbeitskraft flexibler denn je einzusetzen. Da die Digitalisierung nicht nur die einzelnen Fachbereiche, sondern das ganze Unternehmen betrifft, müssen Personalabteilungen Geschäftsprozesse hinterfragen und auf ihre Flexibilität hin prüfen. Eben diese Dynamik birgt enormes Potenzial für Mitarbeiter: Globale Reichweite, Austausch über Communities und Verfügbarkeit von Informationen.“

"Da die Digitalisierung nicht nur die einzelnen Fachbereiche, sondern das ganze Unternehmen betrifft, müssen Personalabteilungen Geschäftsprozesse hinterfragen und auf ihre Flexibilität hin prüfen."

2. Sind HR-Manager ausreichend auf digitale Personalprozesse vorbereitet?

„Ja, HR-Manager sind für die neuen Prozesse sehr gut gewappnet. Der Wandel von Personalprozessen der letzten Jahrzehnte zeigt das. Nach bloßer Verwaltung und reinem Personalmanagement sprechen wir heute von ‚HR-Business-Partnerships‘, also einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Unternehmensführung und Personalern. Daraus resultierend sind die Experten der Personalabteilungen erfahrene Change-Manager.

"Nach bloßer Verwaltung und reinem Personalmanagement sprechen wir heute von ‚HR-Business-Partnerships‘."

Das Change-Management hat für Personalabteilungen einen regelrechten Wettbewerbsfaktor bereitgehalten; in Zeiten der Digitalisierung und nahezu Vollbeschäftigung sind HR-Prozesse die „Mission Critical“. Unternehmen sollten daher auf die Erfahrung von HR-Managern vertrauen und die Personalabteilungen mit ausreichend Kompetenzen, wie Tools und Budgets, ausstatten.“

3. Welche konkreten Chancen bietet die fortschreitende Digitalisierung speziell für den HR-Bereich in Bezug auf bestehendes Personal und Recruiting?

„Die Möglichkeit, mit digitalen Lösungen eine Verbindung zwischen Mitarbeitern und Unternehmen herzustellen, sehe ich als große Chance. Gleichzeitig kann die Digitalisierung Transparenz für Entscheider und Personaler schaffen. Dafür ist es wichtig, Kanäle zu fördern, die Mitarbeiter und Management befähigen, sich im fortlaufenden Dialog zu bewegen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.

"Die Möglichkeit, mit digitalen Lösungen eine Verbindung zwischen Mitarbeitern und Unternehmen herzustellen, sehe ich als große Chance."

Die Digitalisierung bietet uns zudem zahlreiche Wege, die gesammelten Daten beispielsweise über Dashboards zu strukturieren und auszuwerten. Detaillierte Analysen der einzelnen Prozessschritte sind somit problemlos möglich.

Im Recruiting sind die Informationen über die Bewerber sowie deren Communities und Netzwerke ausschlaggebend. Bewerberkampagnen liefern die benötigten Daten zur Optimierung des Rekrutierungsprozesses. Ziel ist es, dabei so effizient und zielgerichtet wie möglich Bewerber anzusprechen und die Personalabteilungen zu entlasten.

Sind die richtigen Kandidaten gefunden, sind Mitarbeiterbindung und -entwicklung essentiell. Durch digitale Lösungen sind wir heute in der Lage, Mitarbeiter mit Karrieremöglichkeiten innerhalb der Organisation zu verknüpfen. So entsteht eine enge Mitarbeiterbindung, die sich wiederum positiv auf das Employer Branding auswirkt. Unternehmen mit überlegenen Talent-Management-Practices haben einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber ihrer Konkurrenz: höhere Umsätze pro Mitarbeiter, deutlich weniger Fluktuation und ein höheres Mitarbeiterengagement.“

"Ziel ist es, dabei so effizient und zielgerichtet wie möglich Bewerber anzusprechen und die Personalabteilungen zu entlasten."

4. Wie hoch ist aus Sicht von Personalmanagern/ Führungskräften die Akzeptanz neuer IT-Technologien?

„Hoch. Die Motivation, durch Innovation Prozesse zu optimieren und Transparenz, Mitarbeiterbindung und Effektivität zu steigern, ist ausgeprägter denn je.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen, wie beispielsweise die bedingte Entscheidungs-bzw. Budgetverantwortung von HR-Abteilungen. Hier gilt es, den Personalabteilungen noch mehr Kompetenz und Budget zuzusprechen. Vermeintliche Zurückhaltung und die Frage ‚brauchen wir diese Technologie wirklich‘ sind für innovative Projekte und vor allem die Motivation vernichtend. Wer zu lange wartet, riskiert einen erheblichen Wettbewerbsnachteil.

Am besten starten zögerliche Unternehmen mit einem Business-Case, der alle Fachbereiche berücksichtigt und aufzeigt, welchen Nutzen diese durch den Einsatz neuer Technologien erlangen.“

5. Die Digitalisierung birgt gleichzeitig auch Risiken, etwa im Datenschutz. Ihre Einschätzung: Wie sicher ist der Umgang mit sensiblen Arbeitnehmerdaten bei fortschreitender Digitalisierung (Stichwort cloudbasiert)?

„Hier kommt es ganz auf den Umgang mit den Daten an. Man muss in der Lange sein, Standards wie die DSGVO oder ISO einzuhalten, sämtliche Schnittstellen zu berücksichtigen und Berechtigungsmodelle zu definieren. Cloud an sich darf heute keine Herausforderung mehr sein. Wer das für sich und seine Prozesse noch nicht erkannt hat, wird der Innovation bald hinterherlaufen. Externe Experten und Dienstleister unterstützen mit entsprechender Erfahrung und erstellen je nach Anforderungsprofil passende HR-Modelle.“

6. Inwieweit verschwimmt die Trennung von Arbeit und Privatem, wenn Personalprozesse über private Endgeräte abrufbar sind?

„Nur soweit, wie es zugelassen wird. Systeme, Module und Plattformen sind voll konfigurierbar und lassen nur das zu, was nötig ist bzw. den Regularien entspricht.

"‚Bring and use your own device‘ ist ein sehr erfolgreiches, globales Modell."

‚Bring and use your own device‘ ist ein sehr erfolgreiches, globales Modell. Insbesondere HR-Experten schätzen die unkomplizierte und schnelle Einbindung von Talenten in die Projektarbeit. Arbeitgebern und Unternehmen ist auch hier volle Flexibilität im Umgang mit privaten Endgeräten zu raten. Nur so schließt sich der Kreis zum ‚Employer Branding‘.“

Über Elton Schwerzel

Elton Schwerzel blickt auf mehr als 20 Jahre Berufserfahrung im Software-Sektor, u.a. in Management-Positionen bei SAP, OpenText und Workday, zurück. Der ausgebildete Fachinformatiker und Betriebswirt leitet das Talentsoft DACH-Team von Köln aus und verantwortet die strategische Entwicklung innovativer Software-Lösungen.Arbeitswelt.