5 Fragen an Björn Waide, CEO der Online-Steuererklärung smartsteuer.de
15.10.2020 | Miriam Appel
Björn Waide ist CEO von smartsteuer. Gemeinsam mit seinem Team digitalisiert er den analogsten Prozess Deutschlands – die Steuererklärung – und versucht so, Menschen die Angst vor dem Thema Steuern zu nehmen. Waide prägt mit Beiträgen zu Themen wie Selbstwirksamkeit, agilem Arbeiten sowie moderner Führung die Diskussion zu Management und Bildung im digitalen Zeitalter.
Sein on-demand-Vortrag ist im Rahmen der ZP Europe Virtual abrufbar: "Thesenbasar statt Titelkampf: Wie das bessere Argument zum Chef wird"
Wie kann die Reorganisation eines Unternehmen gelingen? Welche Herausforderungen gilt es für die einzelnen Team-Mitglieder zu überwinden? Was braucht es, um das Team auf die Veränderungen einzuschwören? Und: Mit welchen Organisationsbausteinen kann ein Unternehmen ohne Hierarchie bestehen? Björn Waide, CEO von smartsteuer, berichtet in seinem Vortrag von der Reorganisation des Unternehmens.
Herr Waide, im Rahmen Ihrer Tätigkeit bei smartsteuer.de stehen vor allem der Innovationsgedanke sowie Mut, Dinge selbst in die Hand zu nehmen, im Vordergrund. Eigenschaften, die Unternehmen und Selbstständige heute benötigen, um in der neuen Arbeitswelt zu bestehen. Was braucht es Ihrer Meinung nach noch, für ein zukunftsfähiges Unternehmen?
Die Fähigkeit, sich selbst und seine Stellung in der Welt zu reflektieren. Dabei kann die "Welt" auch die einigermaßen überschaubare direkte Umgebung sein, in der man agiert. Denn längst gibt es im Grunde keine Konstanten mehr: Wir bewegen uns in einer sich ständig verändernden Umwelt und unser Handeln muss darauf abgestimmt sein. Die Erfolge der Vergangenheit sind ebendies, Vergangenheit. Und die Fähig- und Fertigkeiten, die uns diese Erfolge verschafft haben, sind sehr wahrscheinlich nicht diejenigen, die wir für Erfolge in der Zukunft brauchen werden.
Veränderung beginnt von innen, im Kopf sozusagen. Welche Einstellung sollten Führungskräfte mitbringen, um Ihr Team erfolgreich mitnehmen zu können?
Im ersten Schritt sollten sich Führungskräfte von der Idee verabschieden, sie müssten Ihre Mitarbeitenden wie Fahrgäste an der Bushaltestelle "abholen". Da schwingt noch sehr die alte Welt mit, ein Führungsverständnis im Sinne von "die Führungskraft weiß, wo es lang geht" und "wenn sie nicht vorangeht, bleiben alle regungslos stehen und wissen nicht wohin".
Eine vielfach unterschätzte Fähigkeit von Führungskräften ist das Zuhören. Das gilt für die Bedürfnisse des Marktes ebenso wie für die der Mitarbeitenden. Nur, wer nicht ständig selber sendet, kann auch die Signale der Umwelt wahrnehmen.
Diese Sensibilität in der Wahrnehmung gepaart mit der Fähigkeit, Relevantes herauszufiltern und zu kondensieren und dabei wechselseitige Bedürfnisse zu übersetzen, sind in meinen Augen die herausragenden Fähigkeiten einer Führungskraft heute.
Was sind Ihre 3 Tipps für den erfolgreichen Start in die Transformation?
1. Eine ehrliche Bestandsaufnahme des Status quo. Wer sind wir, wo wollen wir hin und was fehlt uns dafür noch?
2. Die gemeinsame Überzeugung, dass Veränderung bei aller inneren Unruhe und Ungewissheit im Kern etwas Gutes ist.
3. Ein Ziel, ein positives Narrativ, für das sich diese Anstrengung lohnt.
Bitte vervollständigen Sie diesen Satz: Die Zukunft der Arbeitswelt…
... hat gerade erst begonnen. Wir sind alle miteinander noch Suchende und brauchen gemeinsam die Freude und Neugierde am Experiment und die Geduld, Fehlschläge auszuhalten.
Ausblick: Was wünschen Sie sich vom deutschen Unternehmertum mit Blick auf Innovation und New Work?
Entdeckergeist. Wir sind gesamtgesellschaftlich vordergründig so reich und satt, dass uns das Existenzielle abhanden gekommen ist. Das kann in eine Form der Dekadenz münden, in der wir nur noch um uns selbst kreisen in der stetigen Suche nach der nächsten graduellen Verbesserung des Status quo. Es kann aber auch eine ungeheure Befreiung sein, die uns sprichwörtlich und im Wortsinne nach den Sternen greifen lässt. Wir müssen wieder träumen lernen: Wie soll die Zukunft aussehen die wir selbst gestalten können? Wollen wir uns als Unternehmen und Mitarbeitende damit zufrieden geben, die Eigenkapitalrendite um x Prozent gesteigert zu haben? Oder wollen wir die zur Verfügung stehenden Mittel dazu nutzen, einen entscheidenden Beitrag zu leisten, echte gesellschaftliche Verbesserungen zu bewirken?